Am 23. und 24. April 2024 wird das Bundesverfassungsgericht über die im Jahr 2023 von der aus SPD, Grünen und FDP bestehenden Ampelkoaltion, beschlossenen Wahlrechtsreform verhandeln. Es ist zu hoffen, dass das Gericht die Reform kippt. Denn die demokratischen Rechte der Wähler wurden durch die Änderung des Bundeswahlgesetzes massiv beschnitten.

Nachvollziehbar ist die Idee, den Bundestag, der derzeit 734 Abgeordnet umfasst, zu verkleinern. Dies hätte sich mit einer naheliegenden Idee erreichen lassen: Vollständige Trennung der Erst- und Zweitstimmen. Die Erststimme für den Wahlkreiskandidaten, die Zweitstimme für die Listenkandidaten der Parteien. Die Wahlkreiskandidaten sollten dann auch nicht mehr auf den Listen stehen dürfen. Derzeit erfolgt eine Umrechnung: Die Sitze, die einer Partei gemäß Zweitstimmenverteilung zustehen, werden zunächst mit den Wahlkreissiegern besetzt. Die übrigen Sitzen erhalten die Listenkandidaten, die die Wähler nicht direkt wählen können. Wenn eine Partei auf diesem Weg mehr oder weniger Sitze erhält, als ihr gemäß Zweitstimmenergebnis zustehen würde, kommen die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate zum Tragen, die dieses Missverhältnis korrigieren sollen.

Die Ampel hat diese Regelung folgendermaßen geändert: Wenn eine Partei nun mehr Wahlkreisgewinner hat, als ihr nach Zweitstimmen-Ergebnis zustehen, werden einige dieser Wahlsieger nicht mehr in den Bundestag einziehen. Die Kandidaten mit den wenigsten Erststimmen werden übergangen, es enstehen somit keine Überhangs- oder Ausgleichsmandate mehr. Die Entwertung der Erststimme in einem Land, in dem gemäß Grundgesetz alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen hat, ist als solche schon problematisch: Immerhin sind diese Abgeordneten die einzigen Repräsentanten, die in Deutschland direkt gewählt werden. Noch gravierender ist aber, dass eine Partei wie die CSU so an einem Einzug in den Bundestag gehindert werden kann, da sie nur regional antritt und somit bundesweit trotz vieler Stimmen wo sie wählbar ist ggf. an der 5-Prozent-Hürde scheitert. Den Wählern in Bayern, die der Union ihre Stimme geben wollen, ist gleichzeitig die Möglichkeit verwehrt, CDU zu wählen, ihr Recht auf demokratische Teilhabe wird durch die Wahlrechtsreform stark eingeschränkt.

Florian Füllbier ist der Autor, der hier aufgelisteten Bücher

Quellen

Bundestag.de (2023): Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags beschlossen: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw11-de-bundeswahlgesetz-937896 (Stand 23.04.2024)